Marken schaffen in der Krise Orientierung

Wir leben in unruhigen Zeiten. Laut Umfragen fürchtet jeder zweite Mensch in diesem Land  die Inflation, jeder Dritte den Klimawandel oder militärische Konflikte und fast jeder Fünfte die Volkskrankheit Covid. Der Krisenmodus wird zum Normalzustand – zu einer Schichtenkrise. Galt ehemals der Wandel als Chance, ist derzeit Veränderung mit Krise gleichgestellt, die zum Dauerzustand wird.

In dieses sorgenvolle Klima stößt das Bedürfnis der Menschen nach Ehrlichkeit, Haltung und tatsächlicher Hilfe. Die Presse schreibt über „Ehrlichkeit“, dass diese nun notwendig sei, damit Konflikte nicht eskalierten. Das Zukunftsinstitut postuliert, dass eine radikale Ehrlichkeit zu einer besseren Lebensqualität führt. Es gibt sogar Playlisten mit den besten Liedern über Vertrauen und Ehrlichkeit.

Marken machen Politik

Doch die Politik liefert in dieser schweren Phase den Menschen keine Orientierung, sondern fällt eher mit Widersprüchen und dem Einkassieren eigener Vorhaben auf. In diesem Orientierungsvakuum können Marken eine starke Rolle einnehmen und Orientierung und sogar Halt geben. Statt reiner Information und Inspiration positionieren sich Marken zunehmend mit Haltung und demonstrieren Werte. Geteilte Werte wie Freiheit, Freundschaft, Familie, Gemeinschaft und Ehrlichkeit werden von den Menschen goutiert, oberflächliche Versprechen oder kommunikative Fassaden entlarvt und abgestraft.

Manche Marken nutzen ihre Rolle, in der Gesellschaft eine Leuchtturmfunktion einzunehmen. Man kann sagen: Marken machen Politik. Hier wird Haltung zu Handlung. Im Folgenden sind Beispiele aufgeführt, die eindrucksvoll demonstrieren, dass Marken unser gesellschaftliches Leben prägen und insbesondere in Krisen helfen können:

Case REWE/Zusammenarbeit DFB

#REWE beendet die Zusammenarbeit mit dem DFB im Zuge diverser Skandale um die WM in Katar und zieht sich medienwirksam als Sponsor zurück. Einige Marketingjournalisten reduzieren diese Maßnahme auf eine gelungene PR, weil der Sponsoring-Vertrag ohnehin auslief. Das mag sein. Tatsächlich hat Rewe damit aber ein starkes öffentliches Zeichen gegen Diskriminierung und für Freiheit gesetzt. Folgerichtig hat das Handelsunternehmen auf die Werberechte im WM-Kontext verzichtet und bereits produzierte Artikel – wie das Sammelalbum – verschenkt und die bisherigen Einnahmen aus dem Verkauf des Albums gespendet. Ein Blick auf den REWE LinkedIn-Account verrät eindrucksvoll, wie sehr die Menschen solche Maßnahmen schätzen. Der Tenor der meisten Kommentare: „Endlich mal ein Unternehmen, das Tacheles redet und auch handelt.“


Case Flutwein

#Flutwein ist sicherlich eine der berührendsten und wertstiftendsten Marketingmaßnahmen des Jahres. Das Schicksal der Weinregion Ahrweiler ist bekannt und hat die Region zu trauriger Berühmtheit geführt. Den Fluten entronnen ist der Ahrwein, der auf Grund der Idee von @PeterKriechel und @DanielKoller nun als #flutwein verkauft wird. So wird eine Idee zum aktiven Beitrag für den Wiederaufbau. Und während die Bürokratie der Politik trotz Sofortmaßnahmen noch mit den Modalitäten ringt, hat Flutwein den Winzern bereits 4,5 Mio EUR zum Aufbau eingespielt und eine Marke geschaffen, die aus der Not eine Hilfe macht. Mit bereits 400.000 verkauften Flaschen ist der Flutwein nicht nur ein Kassenschlager, sondern die ganze Region ist nun auf dem Radar der Weinliebhaber. Eine Wertsteigerung, die den Winzern an der Ahr noch lange Freude bereiten wird.

 https://www.startnext.com/flutwein

Case Michelob/Anheuser-Busch/Contract for Change

Mit „Contract for Change“ hat der US-Bierbrauer Michelob die Umstellung auf Bio-Produkte gefördert und mit den Farmern eine Allianz gebildet, um die Ingredienzen für die Bierherstellung nachhaltig anzubauen. Das Unternehmen Anheuser-Busch und viele amerikanische Farmer haben sich in dieser Initiative zusammengetan, die zu einem nachhaltigen Anbau von organischen Ingredienzen in den USA führt. So wird aus Haltung Handlung und das Bier Michelob Ultra Pure Gold zum Kassenschlager.


Case Telekom/Gegen Hass

Die Deutsche Telekom ruft mit ihrer Kampagne ‚Gegen Hass‘ zu mehr Zusammenhalt im Netz auf. Der Kommunikationsanbieter wirbt so für mehr Zivilcourage im WWW und startet eine Bewegung, die uns alle betrifft – gegen eine lautstarke Minderheit, die die Gesellschaft spaltet. Den nur 5% Spaltern stehen nämlich 95% der Menschen gegenüber, die friedlich im Netz unterwegs sind. Die Telekom will „Hass keine Chance geben“, so @Dr. Christian Hahn. Sie ermutigt die stillen Mitleser:innen im Netz, Haltung zu zeigen und stellt sich selbst an die Spitze dieser Bewegung.


Case REWE/#umdenkbar

REWE macht aus undenkbar #umdenkbar und ruft zum nachhaltigen Konsum auf. Konsumierende sehen sich oft hilflos dem Thema Nachhaltigkeit gegenüber: Quasi jeder will einen Beitrag leisten. Aber der Verzicht, der Geldbeutel, die Gewohnheit – all diese Routinen machen den Schritt zum Wandel so schwierig. Daher macht REWE mit #umdenkbar seine Transformation zu einem klimaneutralen, nachhaltigen Unternehmen sichtbar und nimmt die Menschen mit auf die Reise. Statt bloßer Werbung entsteht so ein Programm, mit dem jeder seinen Fußabdruck ohne großen Verzicht auf seine Routinen verbessern kann.


Marken – setzt Zeichen und nutzt Eure Rolle in der gesellschaftlichen Prägung

Es gibt viele Marken, die es verdient hätten, an der Stelle noch genannt zu werde:  #Katjes punktet mit Diversity Marketing und bunten Auftritten; #Rügenwalder Mühle setzt Zeichen bei nachhaltiger Qualität; #Penny thematisiert im Weihnachtsspot die verlorene Jugend und zuletzt im aktuellen Spot die Spaltung unserer Gesellschaft; bis zu den Großmeistern haltungsorientierter Markenführung wie #Nike oder #Patagonia.

Marken haben eine große Chance, das Vertrauen der Menschen zu verdienen und loyale Kunden zu gewinnen. Wenn die Vorzeichen auf Krise stehen, können Ehrlichkeit und Gemeinschaftsorientierung besonders gut den Unterschied machen. Nicht nur mit ihren Innovationen können Marken Märkte gestalten, sie haben auch eine Rolle in der gesellschaftlichen Prägung – heute mehr denn je. Nicht alle der aufgeführten Beispiele sind in der Hochphase der Krisen entstanden. Aber alle sind gute Beispiele, dass Marken aus Haltung Handlung machen können. Gerade jetzt ist es Zeit, Orientierung zu geben. Es wird sich erst noch zeigen, wie Marken mit dieser Chance umgehen, aber sie war nie besser, ein Zeichen zu setzen.

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Marken- und Digitalisierungsexperte.
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