Marketing-Automatisierung: Daten haben keine Seele

Marketing-Automatisierung führt zu besseren Entscheidungen. Eine Automatisierung von Entscheidungen wird es aber nie geben. Das Credo lautet: „Um Menschen zu bewegen, muss man sie berühren“.

Marken rücken immer näher an ihre Kunden heran. Der Begriff „Zero Distance“ beschreibt den Zustand, in dem Unternehmen durch Kommunikation, Services und Produktleistungen an die Lebenswirklichkeit der Menschen herantreten und durch passgenaue, individualisierte Marketing-Aktivitäten überzeugen wollen. Berührungspunkte mit der Zielgruppe werden so ausgesteuert, dass Kunden sie als Mehrwert empfinden. Bisher galt, die richtige Botschaft im richtigen Kanal zur richtigen Zeit zu vermitteln. So weit, so bekannt.

Diese einst rein kanalzentrische Strategie wird längst durch eine menschen- respektive beziehungszentrische Perspektive ergänzt. Es reicht nicht mehr aus, Werbekanäle zu priorisieren und mit Botschaften zu bestücken. Vielmehr müssen Markenverantwortliche die ganze Customer-Journey im Blick behalten und das Markenerlebnis an allen Kontaktpunkten beschreiben.

Die Frage „Wo halten sich meine Kunden auf und wie sind sie zu erreichen?“ wird also durch folgenden Gedanken ergänzt: „Welches Markenerlebnis erwartet der Kunde während seines Kauf- und Nutzungsprozesses?“. Aber genau an diesem Punkt trennt sich in der Marketing-Welt die Spreu vom Weizen. Denn offensichtlich gelingt es den Werbetreibenden nicht ausreichend, eine echte Beziehung mit ihren Strategien zu erzeugen. Stattdessen überwiegt der Glaube an Daten und an die Reichweite statt an die Qualität des Kontaktes.

Wie sonst ist zu erklären, dass laut einer aktuellen Forsa-Umfrage die meisten Menschen insbesondere Online-Werbung nervig finden? Wie ist der Trend zunehmender Beliebtheit von Ad-Blockern zu verstehen, die das Zuspielen von Werbung verhindern? Warum gelingt es trotz hoher Online-Reichweite überwiegend nicht, den Kontakt in eine Beziehung zu konvertieren?

Daten sind „nur“ die Basis von Marketing-Strategien

Tatsächlich helfen Daten heute dabei, Soziodemografie, Einstellungen, Markenbeziehung, Mediennutzung, Produktnutzung, Informations- und Kaufverhalten sowie kaufbeeinflussende Kontaktpunkte zu definieren, zu messen und entsprechende Prognosen abzuleiten. Zudem lassen sich die Daten zu personalisierten Customer-Journeys verdichten, konkrete Kundenerwartungen entlang der Kaufentscheidung voraussagen und auch in realer Umgebung ermitteln. Da Entscheidungsprozesse jedoch höchst subjektiv sind, bedient man sich Personas, die prototypisch einen Menschen aus der Zielgruppe illustrieren und begreifbar machen. Je Persona wird eine spezifische Customer-Journey definiert, die Grundlage für die Marketing-Planung und entsprechende Maßnahmen ist.

Man kann also sagen, dass Daten die Basis für ein kundenzentrisches Marketing darstellen. Jedoch sind sie nicht hinreichend für ein erfolgreiches Experience- Management. Dieses geht nämlich nicht nur von einer zielgenauen Kundenansprache, sondern auch von einmaligen und relevanten Erlebnissen an den Berührungspunkten aus.

Genau hier muss ein Umdenken in Marketing-Abteilungen und Agenturen stattfinden. Statt Menschen nur im richtigen Moment zu erreichen, muss man sie zu genau diesem Zeitpunkt auch berühren, um sie zu bewegen.

Emotionen führen zum Handeln

Mark Twain sagte schon vor mehr als 100 Jahren: „Die Tatsachen muss man kennen, bevor man sie verdrehen kann“. Das stimmt, denn die Datenbasis ist das rationale Fundament für jede strategische Marketing-Entscheidung. Doch sind die Datengrundlagen erst gelegt und ist eine Transparenz über die Kundenerwartungen entlang der Kaufentscheidungskette hergestellt, haben die Fakten ihren Dienst getan – die Tatsachen liegen auf dem Tisch.

Genau hier kommen die Emotionen ins Spiel. Die Praxis zeigt, dass an diesem Punkt neben der richtigen Botschaft im richtigen Kanal zur richtigen Zeit eben auch die Art der Ansprache essenziell ist. Menschen nutzen Fakten für Schlussfolgerungen. Handeln tun sie aber erst aufgrund von Gefühlen. Daher nimmt Kreativität eine wesentliche Rolle ein, um persönliche Relevanz zu entfalten. Sie ist der Schierstoff für konkrete Verhaltensweisen.

Menschen schließen sich Ideen und Bewegungen freiwillig an, wenn sie sich mit den Botschaften und ihrer Darreichung assoziieren können. Hingegen erkennt der Mensch sehr schnell, wenn er bevormundet oder überredet wird. In diesem Sinne sind Maschinen wie Chatbots oder Algorithmen hervorragend in der Lage, fakten- beziehungsweise datenbasierte Entscheidungen vorzubereiten und Kundenerwartungen und -verhalten zu erkennen und zu quantifizieren. Die Ausgestaltung der Endkundenkommunikation und das eigentliche Markenerlebnis kann und darf man ihnen aber nicht überlassen.

Um zu den richtigen Schlüssen und Maßnahmen zu gelangen, die die Menschen mitnehmen und motivieren, sollten sich Marketer an folgenden vier Grundregeln orientieren:

Verstehe Dein Gegenüber: Nur wer die Bedürfnisse seiner Zielgruppe wirklich versteht, kann sie auch nutzwertig ansprechen und ihr die richtigen Informationen zur richtigen Zeit bieten.
Adressiere Hirn und Herz: Argumente und Fakten führen zu rationalen Schlussfolgerungen. Aber nur, wenn es gelingt, die Menschen emotional zu berühren, kann man sie zum Handeln veranlassen.
Sei Nutzwert statt Unterbrechung: Es gibt genug Werbung, auf die man verzichten kann. Daher gilt es immer, Kommunikation zu entwickeln, die aus sich heraus einen Nutzwert für den Menschen stiftet.
Content folgt Kontext: Marketing-Maßnahmen und Botschaften sind nur dann erfolgreich, wenn sie von den Menschen angenommen werden und das gewünschte Ziel erreichen. Das gelingt, wenn man den Kontext berücksichtigt, in dem sich ein Mensch zu einer bestimmten Zeit befindet, und man ihn in seiner Lebenswirklich abholt.

Alchemie von Daten und Kreativität

Daten haben keine Seele. Brauchen sie auch nicht. Sie haben eine andere Funktion in der Wertschöpfung. Sie helfen Marketing-Entscheidern passgenaue Maßnahmen zu entwickeln und sichern so in der Wertschöpfung die Effizienz. Dennoch bedarf es der Empathie, um den Menschen zu überzeugen und zum Handeln zu bewegen. Ein Outsourcing des Marketings an einen Computer ist daher eine Sackgasse.

Erst die Alchemie aus Kreativität und Daten führt zu nachhaltigem Erfolg.


Wird Online- Marketing so verstanden, dass Datenanalyse und Kreation Hand in Hand gehen müssen, wird sie künftig ihr Potenzial voll ausschöpfen können. Andernfalls werden Marken nur erreichen, dass ihre Botschaften nerven.

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Marken- und Digitalisierungsexperte.
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