Pitchen und auch mal verlieren: Geldverschwendung oder Agenturbooster?

In diesem Jahr haben unsere Agenturen einige großartige Pitches gewinnen können. Nicht so sehr im Rampenlicht sind die Pitches, in denen wir Kunden nicht von uns überzeugen konnten. Über diese Verluste habe ich nachgedacht.

Einen Pitch zu verlieren ist immer eine kleine Tragödie. Es ist wie die Latte beim Hochsprung reißen, wie ein verschossener Elfmeter im Endspiel; wie eine Trennung von einem Urlaubsflirt. Ach – einen Pitch verlieren ist einfach scheiße. Weil man seine Energie, sein Herzblut, sein ganzes Können in einen Pitch steckt. Weil nach einem Verlust die Luft draußen ist und eine ganze Mannschaft und die Agenturgemeinschaft sich als Verlierer fühlen. Weil die Gedanken an die erste großartige Arbeit auf diesem Kunden, der erste vermeidliche Award, die vielen neuen Kollegen, die nach einem Sieg geholt würden, oder der bloße Fame einfach zum Fenster rausfliegen.

Umso tragischer ist das Verhalten einiger Kunden, denen die Ernsthaftigkeit fehlt, einen Pitch professionell durchzuführen.Ein kleiner Sidestep sei an der Stelle erlaubt. @BenjaminMinack hat schon mehrfach vorgerechnet, dass eine Agentur die Pitchkosten einer mittelgroßen Ausschreibung kaum zurückerwirtschaften kann – im Durchschnitt dauert es drei Jahre! Pitches sind ein wirtschaftliches Wagnis für eine Agentur. Schon aus diesem Grunde sind Pitchverluste nicht nur emotional eine Packung, auch wirtschaftlich sind sie kaum tragbar.

Nun sind Siege und Verluste zwei Seiten einer Medaille. Trotz bester Vorbereitung kann man einen Verlust nicht ausschließen, wenngleich man die Risiken natürlich minimieren kann (siehe ADventskalender Nr.2). Daher bleibt die Frage, wie man mit einer Niederlage so umgeht, dass sie bei allen Investments doch noch ein Sinn für die Agentur ergeben kann. Aus meiner Sicht sind es fünf Anker:

1. Gerade Gewinner erleiden Niederlagen

Eine Niederlage trifft das Selbstbewusstsein mit erheblicher Wucht. Es trifft genau die Menschen, die sich außerordentlich ins Zeug gelegt haben, deren Wert als Person aber in keiner Weise nach einem Verlust in Frage steht. Schließlich hat man sie ins Pitchteam geholt, weil sie zu den besten Agenturköpfen gehören. Daher gilt es, das Gefühl der Niederlage weniger destruktiv wirken zu lassen.

Wir haben gute Erfahrungen gemacht, wenn die Präsentation nochmal in der Agentur wiederholt wird. Meistens stützt die Gemeinschaft das Pitchteam und zollt Respekt, statt dass die Schuldfrage gestellt wird. Zudem hilft die erneute Präsentation bei der Selbstreflektion.

2. Was war eigentlich das Problem?

Statt sich mit der Niederlage abzufinden, lohnt ein ausführliches Gespräch mit dem Pitchteam des Kunden. Da das Kind ohnehin in den Brunnen gefallen ist, ist nun die Zeit für Tacheles: Wo sind wir falsch abgebogen? Was haben wir falsch verstanden? Wo war der Wettbewerb besser? Es lohnt sich herauszufinden, wo objektiv Chancen nicht genutzt wurden. Pitches muss man trainieren – daher gehört auch, mal die Latte zu reißen. Aber die Analyse und den Plan für einen neuen Anlauf muss es schon geben. Sonst ist der Pitch nur teuer und kein Lehrgeld.

Daher gilt es, neben dem Kundenfeedback auch Manöverkritik in den eigenen Reihen einplanen – in einem konstruktiven und wertschätzenden Rahmen.

3. Training on the Job

Ein Pitch ist immer eine Hochleistungs-Momentaufnahme. Alles, was die Agentur kann, der ganze Glaube, die ganze Passion kommen in einem solchen Moment zusammen. Selten ist die Konzentration höher. Daher lohnt es sich, Menschen zusammenzuführen, denen solche Leistungsphasen auch für die eigene Karriere dienen. Der Lerneffekt eines Wettbewerbs ist enorm hoch. Gerade in unserer eher hierarchiefreien Welt ist es das Gebot der Stunde, jungen Talenten die Bühne zu geben. Sie werden es mit zukünftigen Erfolgen danken. Die Teilnahme an einem Pitch sollte daher stets als Chance erlebt werden.

4. Zu gut für den Papierkorb

Manchmal verliert man und teilt die Arbeit im Nachgang mit dem kompletten Agenturteam (siehe 2). Dann stellt man fest, dass die Arbeit verfängt und die Kollegen berührt. Klar tut der Applaus erst einmal gut. Nicht selten haben Kundenberater nach einer solchen Präsentation sich dafür eingesetzt, dass die Idee oder sogar das Konzept (unter Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen) nochmal einem anderen Kunden vorgestellt wird. Durch solche Zweitverwertungen haben schon totgesagte Idee das Licht der Welt erblickt. Oder zumindest den Anstoß gegeben, den Grundgedanken doch öffentlich zu machen. Dieser späte Triumpf ist pure Motivation.

5. Dran bleiben

Tatsächlich haben wir Neugeschäft gewonnen, das auf verlorenen Pitches aufbaut. Kunden schauen genau hin, ob du ein guter oder schlechter Verlierer bist – Pitchconsultants übrigens auch. Wer im Moment der Niederlage Haltung bewahrt, hat nicht selten eine neue Chance bekommen. Es spricht sich in der Branche herum, wer überzeugt oder eben nicht. In Konzernen gibt es nie nur eine Ausschreibung. Da führt der souveräne Abgang als Zweiter schnell zur erneuten Einladung und einer neuen Siegchance.

Fazit:

Eine Niederlage ist und bleibt Mist, oder wie es Fußballspieler Erik Meijer einst sagte: „Es ist nichts scheißer als Platz zwei“. Aber die Niederlage kann auch ein Segen für eine Agentur sein, wenn aus dem Verlust gelernt wird. Denn eine Sache ist in unserer Branche sehr sicher: Der nächste Pitch kommt ganz bestimmt und dann sollte man gestärkt ins Rennen gehen.

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Marken- und Digitalisierungsexperte.
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