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Utilities – Kommunikation wird zum Service

Über die Kraft von Ideen in der Werbung, Virals und Branded Entertainment habe ich bereits geschrieben. Diese Instrumente haben ihre Stärken und erfahren durch die digitalen Möglichkeiten ihren „Turbo“. Doch sie alle stehen unter dem Verdacht, nur kurzfristig zu aktivieren. Was ihnen fehlt, ist eine nachhaltige Wirkung und eine tatsächliche Bindung der Empfänger an die Marke.

In der Kommunikationsbranche wird daher zunehmend dramatisiert, dass Werbung Menschen unterbricht und manipulieren will. Als Gegenbewegung wird gefordert, dass Kommunikation zum Service werden sollte.

Neue Lösung: Digitale Utilities

Die Idee der digitalen Utilities (engl. „Betriebsmittel“) ist simpel. Versprechen werden durch digitale Services ersetzt. Marken werden nicht nur durch Kommunikation befeuert, sondern durch Nutzwert in Form meist digitaler Anwendungen erlebbar.

Digitaler Service als neue Kommunikationsform

Das Marken statt Versprechungen einen Nutzwert mit ihrer Kommunikation erzielen wollen, ist kein neues Patentrezept. Die Firma Vorwerk bietet schon lange statt Breitenkommunikation Kochkurse und Rezeptbücher an, die die Leistungsfähigkeit der angebotenen Produkte unterstreichen und zur Nutzung anregen.

Auch das Maggi Kochstudio ist weniger ein kommunikatives Versprechen, als mehr eine Anleitung und ein Service, um ein geschmackvolles Essen auf den Tisch zu zaubern. Und durch die Digitalisierung und Social Media erfährt dieser kommunikative Service neuen Schwung.

Nutzerwert schafft Markenbindung

IBM schafft mit seinen Service-Einrichtungen eine neue Form des „Advertising Services“ und unterstreicht dabei den Markenkern „People for a smarter City“. Richtig spannend an diesem Case ist allerdings die Verbreitung der Idee auf Social Media Kanälen. Der Tenor im Web ist immer der Selbe: Smarte Marketing Idee von einer Smarten Company. Also Punktlandung für das eigene Markenversprechen.

Eine technisch spannende Idee kommt von Audi, die ihre Start/Stopp Technik mit einem Nutzwert für ihre Kunden vermarkten wollen. Daher haben sie für Smartphones eine „Start-Stopp“ Applikation entwickelt, die bei Nichtnutzung des Handys eine Meldung schickt, dass man nun alle im Hintergrund geöffneten Apps schließen kann, die schon länger nicht genutzt wurden und somit Batterie/Energie einsparen kann. Also eine Werbung, die mit hohem Nutzwert den potentiellen Kunden erlebbar macht, was Start/Stopp Technik für Vorteile hat.

Audi Applikation

Großartige Beispiele kommen aus dem Hause KLM. Nach dem Social Seating Service „Meet and Seat“ – der Zuteilung eines Sitznachbarns, der zum eigenen Social Media Profil passt, hat das Unternehmen nun die „Must See Map“ veröffentlicht. Die Idee ist einfach: Vor einer Reise fragt man in seinem Netzwerk nach Reisetipps. Diese werden in einer pysischen oder wahlweise interativen Straßenkarte eingetragen. So hat man immer die besten und aktuellsten Tipps seines Freundeskreises auf der Reise bei sich.

Das Sonnenbrillen Unternehmen Ray Ban richtet sein digitalen Service Bright Light auf die Sonnenanbeter, die in den Großstädten wie New York vom Schatten der Hochhäuser genervt werden. Mittels Applikation können die Städter auf einer Straßenkarte in Realzeit erkennen, ob und wie lange die Sonne scheint. Damit bietet das Unternehmen natürlich auch den „Sonnen-Feinden“ eine hervorragende Strahlungsvermeidungsanwendung. Aber diese Zielgruppe dürfte derzeit noch der Minderheit angehören.

Muji (Kurzform; zu deutsch etwa: Keine Marke, gute Produkte) bietet diverse Alltagsgegenstände wie Schreibstifte, Büroartikel, Kosmetika, Haushaltsgeräte von namhaften Designern an, die allerdings anonym vertrieben werden. Nun haben sie gleich eine ganze Reihe von kommunikativen Services aufgelegt, die das Leben erleichtern. Damit wird die Marke zum „Vereinfacher“ im Alltag. Zugleich wird das Markenversprechen von Muji „Minimalistisches Design – pure Funktionalität“ wie selbstverständlich erlebbar.

Muji

Ein gelungenes Utility Service Beispiel kommt von der Biermarke Heineken (aus dem Jahr 2012). Um den Bierkonsum zu steigern und die Marke im Social Web gleichzeitig zu stützen, hat das Unternehmen einen Flaschenöffner entwickelt, der beim Öffnen einer Bierflasche zeitgleich auf dem persönlichen Social Media Profil einen Post mit der Einladung zum Mittrinken sendet. Für manche Kunden eine Spielerei, für andere ein echter digitaler Mehrwert.

Heineken – The Invite from Max Gebhardt on Vimeo.

Aus dem Hause Saatchi & Saatchi kommt für den Kunden Norte Beer das Utility „Photoblocker“. Kurz zusammengefasst liefert der digitale Service, dass keine Fotos auf einer Party aufgenommen und per Social Media geteilt werden können. So bleibt in der Disko das, was in der Disko bleiben soll. Peinliche Bilder entstehen erst gar nicht. Ein echter Service für feierwütige Social Media Freaks.

Neben bloßer Unterhaltung können durch Utilities auch gesellschaftlich relevante Services entstehen. Die Initiative „Screenreader“ hat für Smartphones eine Anwendung entwickelt, die blinden Menschen alles vorlesen und einordnen kann, was sie nicht sehen können, die Handy Kamera allerdings schon. Solche digitalen Services sind eine Steilvorlage für Markenunternehmen. Die Telekom könnte sich diesen Service bspw. hervorragend zu Eigen machen.

Zum Video: Neue Smartphone-Apps für Blinde und Sehschwache

Der Händler C&A hat in Brasilien einen digitalen Kundenservice eingeführt, der auf Kleiderbügeln den Kunden zeigt, wie beliebt das Kleidungsstück tatsächlich ist. Auch wenn die Vorstellung beängstigend ist, Mode zukünftig nach der Meinung der Masse zu kaufen, ist der Service Augen öffnend. Sicherlich wird es nicht mehr lange dauern, bis man bei der Kleiderwahl via Abstimmung im eigenen Netzwerk in Realzeit herausfindet, welches Kleidungsstück einem am besten steht. Dann ist man unabhängig von Verkäufern und kann sich ganz auf die Ratschläge der eigenen Community verlassen.

Utilities im Marketing – Langfristige Bindung an die Marke

Bei allen Services sollten Agenturen und Unternehmen immer bedenken, dass die Anwendung tatsächlich einen Nutzwert hat, der die eigene Marke im Kern stützt. Die Bestimmung (bei Saatchi & Saatchi spricht man vom Purpose) der Marke sollte durch den kommunikativen Mehrwert gestützt werden und die Interessen der angestrebten Zielgruppe adressieren. Denn es gilt wie immer: Marken mit einer klaren Bestimmung und einer entsprechenden Kommunikation haben das Zeug, Loyalität jenseits der Vernunft aufzubauen.

Eine Liste von digitalen Utilities findet Ihr auch hier: digitalintelligencetoday.com

In einem nächsten Beitrag behandele ist das Thema: „Digitale Seele“. Egal ob ein Fußball, eine Bratpfanne, die Zahnbürste, Pflanzenerde oder ein Hundefressnapf; digitale Anwendungen halten in allen Lebensbereichen Einzug und werden zum Differenzierungsfaktor.

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