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B2B Markenführung – Inspiration & Involvement oder Leistungsshow?

B2B Marketing gilt als das andere Marketing und grenzt sich gerne von der Konsumgüterwelt ab. Dabei folgen wesentliche Erfolgsparameter den selben Gesetzmäßigkeiten: „Wer den Kopf erreichen will, sollte aufs Herz zielen“.

In meinem letzten Beitrag habe ich über die Lovemarks Philosophie von Saatchi & Saatchi geschrieben. Wir glauben, dass jede Marke eine Lovemark werden kann, die es schafft, dass Menschen zu ihr in einer Beziehung stehen, sie persönlich wichtig empfinden und bei Bedarf sogar verteidigen.

Der Philosophie liegt zu Grunde, dass Lovemarks jenseits von rationalen Faktoren und sogar „jenseits der Vernunft“ eine emotionale Bindung zu ihren Kunden aufbauen. Dies schaffen Marken laut Kevin Roberts (CEO Saatchi & Saatchi Worldwide) mit „Mystery, Sensuality and Intimacy“: siehe auch LOVEMARKS – The Future Beyond Brands.

Loyalität jenseits der Vernunft? B2B vs. B2C?

Einigkeit besteht zweifelsohne in der Aussage, dass loyale Bestandskunden gegenüber neu zu akquirierenden Kunden für Unternehmen wirtschaftlich vorteilhaft sind. Jedoch ist die Markenloyalität vor allem durch Technologie erheblich unter Druck geraten. Preisvergleiche, Leistungstransparenz, verkürzte Produktionszyklen, Preissensitivität etc. setzen das Ideal des loyalen Bestandskunden zunehmend unter Druck.

[selectivetweet float=”left”]Menschlichkeit entsteht durch Engagement, Verständnis, Persönlichkeit und Präsenz.[/selectivetweet]Zudem gleichen sich die Leistungsmerkmale der Marken zunehmend einander an. Blindtests in unterschiedlichen Industrie- und Konsumgüter Kategorien belegen, dass Produkte und Services austauschbar werden. Der faktische Leistungsvorteil ist auch im B2B zeitlich verkürzt und fallweise nur noch von Experten verifizierbar.

In einer Zeit also, in der Technologie dazu führt, dass Kunden sehr mächtig werden, Märkte vollständig transparent sind und Algorithmen rationale Grundlagen für Kaufentscheidungen liefern, ist da noch Platz für emotionale Bindung?

Aus meiner Sicht ja. – Genau jetzt, wo Technologie immer wichtiger wird, kommt dem Menschen und dem Menschsein eine zunehmend große Bedeutung zu. Menschen mögen Menschen. Menschlichkeit entsteht durch Engagement, Verständnis, Persönlichkeit und Präsenz.

Die Schlüssel zum Erfolg in einer zunehmend digitalisierten Welt sind Authentizität, Interaktion und natürlich Verlässlichkeit und Relevanz. Ganz nach dem Freundschaftsprinzip gilt: sich austauschen, mitfreuen, mitleiden, gegenseitig überraschen und auf dem laufenden halten. So entstehen Sicherheit und Vertrauen. Je mehr unser Dasein geprägt wird von systemischen Empfehlungen und aus der Vergangenheit abgeleiteter Zukunft, desto mehr entsteht der Wunsch nach emotionaler Inspiration, persönlicher Ansprache und regelmäßigem Austausch.

Somit ist die Grundvoraussetzung für Markenerfolg im B2B aus meiner Sicht die Interaktion. Technologie kann Menschen zusammenführen. Am Ende ist entscheidend, dass Marken sich menschlich verhalten und persönliche Erfahrungen und Erlebnisse ermöglichen.

Aus meiner B2B Erfahrung gilt immer noch: Verträge mache ich mit Menschen, nicht mit Marken oder Unternehmen. Und eigentlich geht es nicht um B2B vs. B2C, sondern um P2P: „People verbinden sich mit People“.

Erfolgsrezept im B2B Marketing – Kaufentscheider und Meinungsbildner erreichen!

[selectivetweet]Technologie führt Menschen zusammen.[/selectivetweet]

Wie im B2C auch, sind Meinungsbildner insbesondere im B2B-Buying-Center von enormer Bedeutung. Verhältnismäßig wenige Entscheider treffen Entscheidungen von enormer Reichweite. Studien belegen, dass durchschnittlich 10% der B2B Kaufentscheider zwischen 30% und 70% des Absatzes ihrer Lieferanten verantworten. Die Trendforschung spricht von „Power-Opinion-Leadern“.

Es kommt im B2B Marketing also darauf an, die Power-Opinion-Leader zu mobilisieren, an die Marke zu binden und zu involvieren. Ihr Hebel für den Geschäftserfolg ist riesig und in Zeiten der digitalen Kommunikation war es nie leichter sie zu identifizieren, anzusprechen und in die eigene Vermarktung einzubinden. Dabei ist zu beachten:

  1. Grundlage einer Markenbeziehung sind geteilte Werte. Nur wenn Marken eine höhere, relevante Bestimmung verfolgen, können sich Meinungsbildner mit ihr identifizieren und sich an sie binden.
  2. Neben der Bestimmung brauchen B2B Marken Inspiration. Mit dem Algorithmus kann ich die richtigen Meinungsbildner identifizieren. Mit Emotionen und Ideen interessiere ich sie wirksam für die Marke.
  3. Nach der Inspiration kommt die Überzeugung. Meinungsbilder brauchen Argumente, um ihre Empfehlung abzusichern. Hier muss Marketing zukünftig den Unterschied machen! Vereinfachte Argumentationsketten, eingängige Produkt- sowie Live-Demonstrationen, lösungsorientierte Inhalte und clevere Funktionsbeschreibungen sichern eine Empfehlung im Auswahlprozess.
  4. Neben überzeugender Leistungseinordnung profitieren Marken von Lobbying. In „Communities“ beziehen Power-Opinion-Leader Stellung zu Produkterfahrung, stellen sich als Referenzen zur Verfügung und geben ihre Überzeugungen preis.
  5. Der Stoff der B2B Communities wird im Content Marketing angeboten. Dabei geht es nicht nur um „Storytelling“, sondern um „Storysharing“. Durch geteilte Geschichten entsteht „earned Media“. B2B Marken sind gut beraten, Bewegungen zu erzeugen und zu inspirieren, so dass sich viele Schlüsselpersonen freiwillig anschließen und die Inhalte teilen.

Irrtum – gute Leistung reicht nicht aus!

Natürlich wollen B2B Kunden Leistung. Und sicherlich schauen die Kunden vor der Kaufentscheidung mehrfach und genauer hin, was sie als institutioneller Entscheider kaufen. Schließlich hängen nicht selten die eigene Karriere und der Ruf von solchen Einkäufen ab.

Dennoch ist es ein Irrtum zu glauben, dass die Leistung alleine ausreicht, um erfolgreich im Markt zu sein. Vor allem im B2B steht die Frage im Raum, wie „Marke“ bei der Problemlösung helfen kann und wie sie zukünftig Mehrwert schafft. Der Kennzahl ROI (Return on Marketing Investment) kommt heute eine ganz neue Rolle zu. Der neue ROI heißt: Return on Involvement und beschreibt den Grad, wie Marken im Sinne von P2P mit ihren Kunden interagieren und zum spezifischen Problemlöser werden.

Es sind eben auch im B2B sehr persönliche Beweggründe, die Produkte in die engere Kaufentscheidungswahl führen. Der kanadische Neurowissenschaftler Daniel Kahneman stellt jüngst fest, dass Fakten zu Schlussfolgerungen, aber Emotionen zu Handlungen führen.

Inspiration schafft Grundvertrauen.

Der unternehmerische Wert und die subjektive Relevanz von Marken sind zentrale Einstiegschancen aber auch Barrieren, die mit Inspiration und Begeisterung gemeistert werden können. So wird Raum geschaffen, sich den Argumenten und Leistungsmerkmalen überhaupt erst zu widmen.

Ist die Einstiegshürde genommen und ein Interesse geweckt, geht es darum kreativ, einordnend und vor allem vereinfachend gute Argumente auszutauschen. Je gekonnter die Inszenierung der eigenen Leistungsmerkmale stattfindet, desto höher die Wahrscheinlichkeit, den Argumenten zu folgen und sie als eigene Argumente für die Kaufentscheidungsbegründung auch heranzuführen (vgl. Punkt 3 „Überzeugung“).

[selectivetweet]Verträge mache ich mit Menschen, nicht mit Marken oder Unternehmen.[/selectivetweet]

Einfacherer ausgedrückt: Mit Inspiration schaffe ich die Grundlage, damit Marken in den „Relevant Set“ kommen. Eine erste Auseinandersetzung mit der Marke gelingt auch im B2B über Inspiration, Emotion und persönlicher Interaktion. Das Herz und der Bauch spielen als Einstiegsstufe einer Kundenbeziehung sehr wohl eine wesentliche Rolle. Noch vor den guten Argumenten kommt die Begeisterung.

Ist das Interesse geweckt, spielen die Leistungsmerkmale eine zentrale Rolle. Doch die Performance alleine reicht lange nicht mehr aus. Sie muss ebenfalls eingeordnet werden. Hier ist der neue ROI-Maßstab (Return on Involvement), wie ideenreich, vereinfachend und schließlich überzeugend und relevant die Argumente ausgetauscht werden. Also wird auch der „Kopf“ über zielorientierte Inszenierung angesprochen. Kreativität und Inszenierung werden so zum zentralen Schmierstoff für eine bessere Dekodierung faktischer Leistungsmerkmale.

Schlussbetrachtung:

Nein, den Kopf kann ein B2B Kaufentscheider nicht ausschalten. Dafür hängt zu viel an seinen Entscheidungen. Dennoch spielt Kreativität und Emotionalität sowohl in der Anbahnung als auch bei der Vertiefung der Leistungseigenschaften als Schmierstoff eine zentrale Rolle. Denn am Ende gilt die Marketing Urformel: „Wer den Kopf erreichen will, sollte aufs Herz zielen“.

Anbei einige (Saatchi- und Wettbewerber-) B2B Arbeiten, die diesen Anspruch aus meiner Sicht ausgezeichnet meistern:

BGH – Mit einer einfachen Idee einen neuen Markt erschließen.

Kuka – Weltmeisterliche Demonstration von Technik- und Leistungsmerkmalen.

Visa – Überragende Produktdemonstration mit einer überzeugenden Idee.

Epuron – Mehr als eine Luftnummer. Eine ganze Kategorie durch eingängige Vermarktung neu positioniert.

Pepperl+Fuchs – Unsichtbares sichtbar machen (Bsp. von Saatchi & Saatchi Pro / ehem. Zweimaleins)

T-Systems – Leistung zum erleben (Bsp. von Saatchi & Saatchi Pro / ehem. Zweimaleins)

Volvo – So demonstriert man LKW-Robustheit und erreicht 4 Mio. Meinungsbildner.

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